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Sie haben ihre Chance genutzt

Kassel, 31.01.2020

Fünf Jahre nach ihrer Ankunft haben drei Flüchtlinge in Kassel Fuß gefasst

 

Erschienen in der Hessisch Niedersächsischen Allgemeinen am 31.01.2020 von Nicole Schippers

 

Kassel – Mit der Flüchtlingswelle ab 2015 kamen tausende Flüchtlinge in die Region. Drei von ihnen sind die Syrer Ali Alazizi (26) und Abdullah Zeibak (37) sowie der Somalier Farax Anyaale (23). Als sie vor fünf Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft in Niestetal ankamen, sprachen sie kein Wort Deutsch, waren auf Unterstützung angewiesen. Heute stehen sie auf eigenen Beinen. Sie sind der Sprache mächtig, haben einen festen Job und Wohnsitz.

Möglich gemacht hat das, neben ihrem eigenen Willen und Antrieb, das Engagement des Kasseler Unternehmens Arvos Schmidtsche Schack. Der Geschäftsführer des Anlagenbauers, Karsten Stückrath, entschied sich 2015, fünf Flüchtlinge als Praktikanten einzustellen. „Als Unternehmer habe ich auch eine soziale Verantwortung“, sagt Stückrath. „Und Fachkräfte zu finden, fällt ja auch nicht so leicht.“ Insofern sei die Entscheidung auch nicht ganz uneigennützig gewesen.

 

Mit Unterstützung des Integrationsmanagers vom Landkreis Kassel, Bijan Otmischi, suchte und fand er geeignete Kandidaten. Drei der fünf – Ali Alazizi, Abdullah Zeibak und Farax Anyaale – sind heute fester Bestandteil der Belegschaft.

Dabei sei ihre Einstellung bürokratisch nicht ganz einfach gewesen. „Aber mit Zähigkeit, Nachdruck und Unterstützung von Bijan Otmischi haben wir es geschafft“, sagt Stückrath. Um die mangelnden Sprachkenntnisse schnellstmöglich wettzumachen, unterrichtete Stückraths Frau, die Deutschlehrerin ist, die Praktikanten zusätzlich zu ihrem regulären Sprachunterricht.

Klar habe es damals auch Vorbehalte innerhalb der Belegschaft gegeben, erinnert sich Stückrath. „Aber die Drei haben ihre Chance genutzt und die Kollegen mit ihrer freundlichen, hilfsbereiten Art und ihrer Motivation schnell für sich eingenommen.“
Ali Alazizi, der wegen des Krieges und seiner Flucht nach drei Jahren sein Maschinenbaustudium in Syrien abbrechen musste, absolviert inzwischen eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Er lebt mit seiner Freundin in Kassel, will sein Deutsch weiter verbessern, seine Ausbildung wenn möglich verkürzen und sich weiterbilden. „Am Anfang war es schwer für mich, aber jetzt hat sich alles gelöst“, sagt der 26-Jährige und betont: „Man muss was tun, damit man Arbeit und Anschluss findet“. Wichtig sei, die Menschen und die neue Kultur kennenlernen zu wollen. Farax Anyaale, der inzwischen auch in Kassel lebt, sagt, er habe in Somalia gerade einmal zwei Jahre lang eine Schule besucht und sich mit verschiedenen Jobs durchgeschlagen. Jetzt macht er eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Die Chance, die er bei Schmidtsche Schack bekommen habe, sei „ein Geschenk Gottes“. „Farax ist ein absolutes Phänomen, ein Multitalent“, sagt Stückrath. Der Meister müsse ihn abends aus der Werkstatt werfen, weil er einfach nicht aufhören wolle zu arbeiten. Nicht so leicht fällt dem 23- Jährigen allerdings die Berufsschule. „Da muss ich jetzt Gas geben.“ Er hofft, den Abschluss mit Nachhilfe und Unterstützung der Kollegen zu schaffen. „Sie alle helfen mir, erklären mir immer alles gerne.“
Abdullah Zeibak absolvierte vor seiner Flucht ein Marketing- Studium in Syrien und arbeitete als Marketing-Trainer für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina- Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Heute hat er einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Marketing-Abteilung von Schmidtsche Schack. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt er in Kassel. Damit sei ein Traum in Erfüllung gegangen, sagt er.

Bijan Otmischi freut sich sehr über die gelungene Vermittlung. „Es gibt noch viele weitere Geflüchtete, die auf eine solche Gelegenheit warten“, sagt er.